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Esther Marchlewitz

Wie die Evangelischen nach Rorschach kamen

Eigentlich war Rorschach über Jahrhunderte fest in katholischer Hand. Im Jahr 801 wurde das erste Kirchlein auf Rorschacher Boden erbaut.
Alte_Kirche_Ansicht_von_Süden (Foto: Esther Marchlewitz)

 

Alte_Kirche_Innen (Foto: Esther Marchlewitz)

 

Alte_Kirche_Menschen (Foto: Esther Marchlewitz)

 

Die ersten Protestanten in Rorschach
Die Wurzeln der Evangelischen Kirchgemeinde Rorschach reichen bis in die Reformationszeit zurück. Dies bestätigt eine Urkunde aus dem Jahre 1528 die im Staatsarchiv in Zürich aufbewahrt ist. Der Einfluss des katholischen Fürstabtes von St. Gallen erwies sich nach dem 2. Kappelerkrieg aber zu gross, so dass schon der zweite Pfarrer von Rorschach, Valentin Furtmüller, im Jahre 1534 die Stadt fluchtartig verlassen musste. Die Evangelische Kirchgemeinde Rorschach existierte deshalb zur Zeit der Reformation nur 6 Jahre.

Im 19. Jahrhundert förderten neue Verkehrsverbindungen , im besonderen der Eisenbahnbau, die Industrialisierung. Dadurch nahmen immer mehr evangelische Familien in Rorschach und Umgebung Wohnsitz. So konnte nach 320 Jahren wieder eine Evangelische Kirchgemeinde in Rorschach ins Leben gerufen werden.

Am 11. Juni 1854 fanden sich die meisten der anfänglich 250 Protestanten aus Rorschach, Rorschacherberg und den fünf Aussengemeinden Goldach, Staad, Thal, Tübach, Untereggen, Steinach, Mörschwil fanden ersten evangelischen Gottesdienst im Refektorium, der heutigen Mensa der PHSGM Mariaberg ein.
Gottlieb Kind von Chur
Aus der Anfangszeit unserer Kirchgemeinde weiss der Chronist Gustav Wiget, Institutsdirektor & Erziehungsrat. interessante Begebenheiten zu erzählen, die er in einer Festschrift zum 25-jährigen Bestehen der Evang. Kirchgemeinde Rorschach 1879 niedergeschrieben hat. Damit uns wieder einmal bewusst wird, mit welchen Schwierigkeiten die damaligen Amtsträger zu kämpfen hatten, sei hier an dieser Stelle eine Episode im Wortlaut wiedergegeben:

„Der erste Seelsorger und Prediger des evang. Kirchenvereins zu Rorschach war Herr Gottlieb Kind v. Chur. Mit allen gegen 2 Stimmen war er am 6. Mai 1855 gewählt worden. Sein Gehalt wurde auf ganze 1600 Fr., alles inbegriffen, festgesetzt. Glücklicherweise musste der junge Vicar noch nicht für Frau und Kind besorgt sein und da ihm die Gemeinde noch keine Pfarrwohnung anbieten konnte, miethete er sich ein Zelt im Kettenhaus. So war denn ein würdiger Gottesdienst und ein regelmässiger Religionsunterricht gesichert.“
Ein Evangelischer Friedhof
Bevor die kleine Gemeinde in einen eigenen Gottesdienstraum investierte, wurde ein Jahr später, nämlich 1855, das ehemalige Lindenmann’sche Gut (südl. Bäumlistorkel) erworben. Hier wurde der erste evangelische Friedhof errichtet.
Gottesdienste wurden weiterhin im Refektorium im Mariaberg gefeiert.
Die erste Evangelische Kirche in Rorschach
Schon bald wurde der Raum auf Mariaberg jedoch zu klein. Deshalb liess man durch den namhaften Architekten Kunkler acht Jahre nach der Gründung der Evangelischen Kirchgemeinde Rorschach eine erste Kirche oberhalb der Eisenbahnlinie bauen. Sie konnte am 7. September 1862 eingeweiht werden.

Wiederum 6 Jahre später wurde das erste Pfarrhaus nach den Plänen von Pfr. Zollikofer für nur Fr. 30'000.- gebaut. Zuletzt wurde dieses Gebäude als Verwaltungsgebäude der Kirchgemeinde genutzt. Dort waren das Sekretariat und verschiedene Büros und die Wohnung des des Jugendarbeiters untergebracht.
Im Sommer 2021 wurde das erste Pfarrhaus abgerissen. Die Verwaltung mit Büros, Begegnungsräumen und Kreativwerkstatt ist nun im GleisK untergebracht.
Bereitgestellt: 06.09.2023